„Als ich am ersten Bau-Tag auf dem Dachgeschoss stand und mein Blick bis in den Keller reichte, dachte ich mir: Dieses Haus kannst du wegräumen, das wird nichts mehr.“
Ob Cora und Matthias Pasquali wussten, auf was sie sich bei der Renovierung des Landsitzes Oberhof einlassen würden, als sie ihren Plan in die Realität umsetzten? „Nein“, lachen heute beide. Nachsatz: „Zum Glück. Wer weiß, vielleicht hätten wir einen Rückzieher gemacht.“
Den Landsitz Oberhof in Muggendorf gibt es seit über 560 Jahren. Eingebettet am Ende eines Talkessels, umrahmt von weitläufigen Wäldern, die für eine herrlich reine Luft sorgen. Nur eine Stunde von Wien entfernt, genießt man hier Landleben pur. Der Vater von Matthias Pasquali konnte das Bau-Juwel im Jahr 1955 von der Familie der Barone Christiani erwerben. Während der Kriegsjahre und auch danach hat der Oberhof im den russischen Besatzern als Lager gedient. Der Staatsvertrag machte es schließlich schneller als gedacht möglich, dass die Besatzer abzogen und den Platz wieder freigaben. „Da war natürlich viel desolat und zerstört. In den folgenden Jahrzehnten wurden die alten Gemäuer von meiner Familie Schritt für Schritt instandgesetzt, ohne dass der Oberhof dabei seinen ursprünglichen Charme verloren hat“, erzählt Matthias Pasquali.
„Wenn du deinem ersten Besucher am Anreisetag nervös den Zimmerschlüssel aushändigst und bei der Abreise ein großartiges Feedback erhältst, gibt das natürlich einen enormen Auftrieb.“
Ein „petit hôtel“ wird aus der Taufe gehoben
„Wir lebten ursprünglich in Tirol, und ich war lange in der Industriebranche im osteuropäischen Sektor tätig. Da ich viel auf Reisen war, und viel in Hotels übernachtet habe, und meine Frau und ich auch privat viel von der Welt gesehen haben, wussten wir, was ein gutes Hotel ausmacht. Was Gastgeberqualität ist. Und als wir den Oberhof geerbt haben, tat sich alsbald die Frage auf, was mit den leerstehenden Räumlichkeiten passieren soll. Das Anwesen besteht ja aus mehreren Gebäuden. In einem davon leben wir beide. Und die anderen standen halt leer, wenn nicht grad eines der Kinder vorbeikam oder es Feiern gab.“ Die Idee für das „petit hôtel“ hatte die Tochter, die meinte, dass ihre Eltern doch auch der Familie immer wieder besonders gute Gastgeber sind, und warum nicht ein kleines, feines Hotel aufmachen? Das Grundkonzept war schnell auf den Tisch gebracht, Tatendrang und Ehrgeiz schoben aufkommende Zweifel von Matthias zur Seite. Aber: „Als ich am ersten Bau-Tag auf dem Dachgeschoss des Hotels stand und mein Blick bis in den Keller reichte, dachte ich mir, dieses Haus kannst du wegräumen, das wird nichts mehr.“ Der Baumeister und Cora hingegen ermutigten ihn. Und nach einer Rekord-Bauzeit von nur sechs Monaten waren die Arbeiten erledigt und die alten Gemäuer konnten aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen.
Die ersten Gäste
Cora Pasquali legte bei der Einrichtung höchsten Wert darauf, den besonderen Stil des Hauses zu bewahren und mit modernen Annehmlichkeiten sanft zu verknüpfen. So gibt es etwa keine Kompromisse, was die Qualität der Sanitärbereiche und der Matratzen angeht, alles nur vom Feinsten. „Dass uns das gelungen ist, bestätigen die Gäste.“ Obwohl die Eröffnung genau in das erste Jahr der Corona-Pandemie fiel, war man zuversichtlich. Zurecht, denn die Urlauber:innen kamen - und waren restlos begeistert. „Wenn du deinem ersten Besucher nervös den Zimmerschlüssel aushändigst und bei der Abreise ein großartiges Feedback erhältst, gibt das natürlich einen enormen Auftrieb.“ Cora und Matthias legen großen Wert auf das Besondere. Wer hier ankommt, wird nicht schnell abgefertigt, sondern erhält als erstes eine Hausführung. „Wir möchten dem Gast die Seele dieses Ortes näherbringen, ihnen unser Zuhause zeigen. Wir spielen nichts vor. Wir wollen die Menschen ein paar Tage an unserem Leben teilhaben lassen, wenn sie anreisen. Und gleichzeitig ihnen so viel wie möglich Freiraum geben, sie sind hier schließlich in Urlaub.“
Die Region spüren
Ursprünglich war das Hotelkonzept auf eine Frühstückspension ausgelegt, doch die Nachfragen nach einer Halbpension häuften sich rasch, sodass Cora und Matthias ihre Kochkünste zu teilen begannen: „Was mit Grillabenden und kalten Platten startete, ist heute eine ausgewählte Speisekarte an feinen Rezepten mit besten Zutaten. Ein absolutes Highlight sind die Steaks vom Schneeberg-Rind. Diese Qualität schätzen auch Gäste, die ansonsten kaum mehr Fleisch essen.“ Hier am Landsitz Oberhof spürt man die Liebe zum Geschaffenen in jedem einzelnen Möbelstück, jeder Flasche Wein, jedem Rezept, jeder Dienstleistung. Die Sommerabende dürfen bewusst lang werden, Ruhe und Gelassenheit stehen an der Tagesordnung, jeder darf einfach sein. „Wichtig ist uns gegenseitiger Respekt. Jeder soll und kann hier so sein, wie er sich wohl fühlt.“
Petite Hotel mit viel Charme
Der Landsitz Oberhof wurde 2020 eröffnet und bietet fünf Zimmer mit insgesamt 12 Betten. Zum 13 Hektar großen Anwesen gehören neben dem großen Garten rund um das Haus Kräuterwiesen sowie der angrenzende Wald für erholsame Spaziergänge. Das idyllisch gelegene Schwimmbad sorgt für eine erfrischende Abkühlung, die Küche bedient sich Zutaten aus der Region, besonders beliebt: die mit Sorgfalt ausgewählte Weinkarte.